Gestresst strich sich Leonardo einige Strähnen aus der Stirn, die sich aus seinem Zopf gelöst hatten, den er sich aufgrund der Hitze gemacht hatte.
Er atmete deutlich hörbar aus und wischte mit dem Handrücken einige Schweißperlen von der Stirn. Auch das noch! Er war selbst noch Student - Robotik und Technik - sein zweitstudium - unterrichtete jedoch selbst Kunst und hielt Vorlesungen über Kunstgeschichte und leitete einen Zeichenkurs an der Uni. Sein Stundenplan war vollgestopft und seine Tage stressig. Und zwischen dem ganzen Prüfungsstress hatte er vollkommen vergessen, seinen Zeichenkurs am Ende der Woche zu organisieren! Sie hatten sich die ganze Zeit mit Anatomie auseinander gesetzt und er hatte ein Model angekündigt, nur, dass das Mädchen, das sonst immer für ihn bereit stand, leider abgesagt hatte und er nun mit leeren Händen da stand. Er strich sich erneut mit der Hand durch die unordentlich zusammen gebundenen Haare und blätterte durch seine Unterlagen. Er musste doch irgendwo noch die Telefonnummer von diesem jungen haben, mit dem er letzten Monat...
Es war einfach unmöglich! Verzweifelt lies er seine Sushe sein und machte sich gedanklich eine Notiz, dass er dringends sein Wohnzimmer, dass er zur Werkstatt und zum Atelier umgestaltet hatte, aufräumen sollte...
er kramte seinen Laptop aus der Tasche und öffnete eine Vorlage für einen Flyer, den er noch ein wenig bearbeitete, und dann als Druckauftrag schickte.
Es sollte verboten sein, an einem so heißen Tag arbeiten zu müssen... Er war warmen Wetter gewohnt, vor allem aus Italien, seiner Heimat aber seine Helle Haut hatte ihm immer schon zu schaffen gemacht und außerdem lebte er dort, im Gegensatz zu hier, direkt am Meer,was den Sommer immer um einiges angenehmer gemacht hatte.
Er packte seinen Laptop wieder in seine Tasche, zog seine Schneidemaschine unter seinem Tisch hervor und holte die frisch gedruckten Flyer aus seinem Drucker und machte Einschnitte zwischen den aufgedruckten Handynummern am unteren Rand des Flugblatts.
Er wollte es nicht unbedingt auf diese Weise machen, aber er hatte keine andere Wahl...

Er ging noch schnell zum Kühlschrank, nahm sich einen Eiskaffee und war schon gerade dabei, aus der Tür zu gehen, bis ihm einfiel, dass er seine Tasche neben seinem Tisch hat stehen lassen. Hals über Kopf stolperte er wieder zurück in seine Wohnung, nahm seine Tasche und eilte schnell die Treppe hinunter.
Er schwang sich auf sein Rad und machte sich eilig auf den Weg zur Uni. Er musste sich beeilen, wenn er vor seiner Robotikvorlesung die Flyer noch aufhängen wollte. Er hoffte wirklich, dass sich jemand die nächsten Tage bei ihm melden würde!
An seinem Ziel angekommen, eilte er, mit den Gedanken schon bei seiner Vorlesung, zur Mensa, in welcher eins der schwarzen Brettern war,an dem Studenten und Dozenten Flugblätter aufhängen durften. Er überblickte beim Laufen noch mal die Unterlagen von letzter Woche, bog um eine Ecke und stieß hart mit jemandem zusammen.
Vom harten Aufprall fiel er nach hinten auf den Boden und lies den Ordner unter seinem Arm und die Blätter in seiner Hand fallen. Er hielt sich einen Moment seine Hand an den Kopf, bis er das Chaos um ihn herum sah.
"Verdammt! Ich bin doch schon spät..." hektisch begann er, seine Blätter aufzzsammeln und sah erst denjenigen an, mit dem er zusammen geprallt war, als er eine Hand sah, die ihm beim Aufheben seiner Unterlagen half.
Vor ihm, saß in der Hocke ein junger, gut aussehender Mann, vielleicht 20, maximal 25 Jahre alt mit südländischem Aussehen, dunklen Haaren, die er zu einem Zopf zusammengebunden hatte und die etwas kürzer als Leonardos waren, sodass ihm ein leichter Pony in die Stirn fiel und einem so verdammt charmanten Lächeln, dass Leo schier das Herz stehen blieb.

Glücklicherweise hatte sich Ezio von seiner Mutter loseisen können. Seit er sein BWL-Studium abgebrochen hatte, musste er in ihrem Blumenladen aushelfen, was ihm wirklich nicht gefiel. Tag für Tag irgendwelche Blumenkübel in der Gegend herumtragen, so hatte er sich seine Zukunft echt nicht vorgestellt. Einzig die schönen Mädels, die öfter vorbeikamen, um Blumen zu kaufen, waren eine schöne Abwechslung. Sehr zum Ärgerniss seiner Mutter, flirtete er mit jeder und schenkte ihnen obendrein auch noch die Blumen, um ihre Nummern zu bekommen.
Heute aber wollte er in die Mensa der Uni, vielleicht ein bisschen mit Altaïr abhängen, wenn dieser da war oder mit der ein oder anderen Studentin flirten. Bei Ausländischen Studentinnen gab er sich gerne selbst als Auslandsstudent aus, warf einige Wörter italienisch hinein und schon waren sie alle hin und weg. Gerade schaute er einer besonders hübschen Blondine hinterher, bestimmt eine Schwedin, als er an der Ecke mit jemandem zusammen stieß. Der andere wurde von der Wucht förmlich von den Füßen gerissen und verlor sich in einem Haufen umherfliegender Blätter. Eilig bückte sich Ezio um der armen Frau zu helfen. "Entschuldigung, da habe ich wohl nicht richtig aufgepasst", er lächelte verlegen und charmant und hoffte dass die andere nicht böse war.
Etwas überrascht sah er, dass die Frau eigentlich ein Mann war, da sie ganz offensichtlich keine Brüste hatte. Ezio sein Gesicht, es hatte recht feminine Züge und, obwohl Ezio das noch nie von einem Mann gedacht hatte, war er echt schön.
Dann fiel sein Blick auf einen der Zettel, die er gerade aufgehoben hatte. Anscheinend suchte sein Gegenüber noch Models für den Kunstkurs. Ezio wedelte mit dem Zettel und grinste. "Also wenn es okay für dich ist, würde ich mich melden." Er mochte seinen Körper, stellte ihn gerne zur Schau und wenn da noch ein paar hübsche Mädels im Kurs saßen, sprang sogar noch was für Ezio heraus.

"Danke." Dankend nahm Leonardo dem jungen seine Flugblätter ab und lächelte ihn freundlich an.
Für den ersten Moment war er über das spontane Anegbot seines Gegenüber äußerst überrascht, bevor er ihn erneut freudig anlächelte und endlich vom Boden aufstand, sich Dreck von seinen Hosen klopfte.
"Ist das dein Ernst? Du weißt schon, was auf dich zukömmen würde? Stundenlanges still rumstehen oder sitzen, ein Raum voller Leute, die dich die ganze Zeit ansehen und aufs genauste Studieren... Und viel Geld könnte ich leider auch nicht zahlen..."
Er strich wieder einige seiner Strähnen nach hinten, um sie in seinen Zopf zurückzuschieben, ungewohnt, seine Haare zusammengebunden zu haben.
"Wie unhöflich ich bin! Mein Name ist Leonardo!"
Er schob seine Unterlagen unter seinen rechten Arm und streckte dem anderen seine rechte Hand entgegen.

Er nahm seine Hand und schüttelte sie. "Ezio", erwiederte er und grinste charmant. "Oh, das weiß ich. Ich werde wohl am meisten Probleme mit dem Stillsitzen haben." Er lachte kurz auf und winkte dann ab. "Ich hab aber wirklich keine Probleme damit. Ich brauch auch kein Geld, ich mach das auch so."

Überrascht blickte er Ezio ins Gesicht.
"Was? Nein! Ich kann dich das doch nicht umsonst machen lassen!"
Er wollte gerade wieder in einen Redeschwall verfallen, als sein Blick auf eine Wanduhr in der Mensa und blickte dann panisch auf die Uhr an seinem Handgelenk, die immer etwas früh lief, damit er nicht immer ganz so spät kam. Seine Vorlesung hatte bereits vor 10 Minuten begonnen!
Panisch drückte er Ezio einen der Flyer in die Hand, auf dem unter anderem auch seine Handynummer stand.
"Ruf mich einfach an! Ich muss weiter, tut mir leid! Ciao!"
Und damit hastete er auch schon weiter Richtung seines Vorlesungssaals, winkte Ezio noch kurz zu, ehe er rennend hinter der nächsten Ecke verschwand.

Etwas verdutzt über das plötzliche Ende ihres Gesprächs, sah er Leonardo hinterher und dann auf den Zettel in seiner Hand.
Seine Nummer stand drauf, sowie Raumnummer und Uhrzeit.
Grinsend steckte er den Zettel ein und sah einer besonders hübschen Studentin nach.
Wenn solche Schönheiten Kunst studierten, würde das Modelstehen wirklich viel Spaß machen.

Leonardo hatte, als er recht spät Abends endlich nach Hause kam, seine Begegnung mit Ezio in der Uni schon wieder vergessen. Gedankenverloren stellte er seine Einkäufe ab und fütterte die Katzen, die miauend um seine Beine strichen. Zumindest jetzt konnte er endlich mal ein wenig abschalten. Er machte sich danach in der Küche noch ein paar Sandwiches, die er mit ins "Wohnzimmer" nahm und sich dort an seinem Schreibtisch niederließ. Er schaute sich kurz um, und wischte dann kurzerhand mit dem Arm über den Tisch, um darauf etwas Platz zu machen. Blätter, DIverse Stifte, Taschen und einige Einzelteile fielen dabei auf den Boden, was ihn nicht sonderlich zu stören schien. Er zog seinen Skizzenblock unter einem Stapel Bücher hervor, griff nach einem Stück Kohle, dass irgendwo noch auf dem Tisch lag, und begann, etwas zur entspannung zu zeichnen, wurde aber jäh unterbrochen, als sein Handy plötzlich zu klingeln begann. Verdutz schaute er sich um. Als erstes griff er, aus Gewohnheit in seine Tasche und stellte fest, dass er das Handy heute anscheinend nicht in der Uni dabei hatte. Er schaut sich erneut im Zimmer um und bemerkte dann, das er das Handy zusammen mit Büchern, Zeichnungen, leeren Blättern und Unterlagen vom Schreibtisch geschoben hatte. er legte seinen Stift nieder und begann eilig, in dem Haufen nach seinem Handy zu suchen.
Triumphierend zog er es hervor und es klingelte sogar noch!
"Ja?"
Er war verwirrt. seine Studenten riefen für gewöhnlich nicht mehr so spät an und für Freunde hatte Leonardo recht wenig Zeit bei seinem vollgestopften Terminplan.

Er saß auf seinem Schreibtischstuhl und stieß sich ab und an vom Schreibtisch ab und drehte sich auf dem Stuhl, während er zum wiederholten Male dem Tuten am anderen Ende der Leitung lauschte. Wenn Leonardo dieses mal nicht abnehmen würde, müsste er es morgen nochmal versuchen oder einfach mal hingehen. Seine Entscheidung wurde ihm aber abgenommen, als endlich jemand abnahm und ein sehr gehetzt wirkendes 'Ja?' in den Hörer sprach.
"Ezio hier, du sagstes ich solle dich anrufen", obwohl er telefonierte, setzte Ezio sein charmantes Grinsen auf. "Ich hoffe ich störe nicht bei irgendwas?"

Irgendetwas in Leonardos Gehirn ratterte ein wenig, bis er Name und Stimme zu einem passendem Gesicht und passender Situation zuordnen konnte. Nach einigen, wenigen Momenten jedoch, sickerte die Information durch und Leonardo fand seinen Gesprächssinn wieder.
"Ah, Si, Ezio! Gut, dass du anrufst! Nein, nein! Du störst nicht! überhaupt nicht!"
Er klemmte das Telefon zwischen Schulter und Kopf und kramte, erfreut lächelnd, nach seinem Terminplaner, von dem er sich so sicher war, dass er irgendwo auf dem Sofa liegen musste. Oder zumindest auf dem, was man von dem Sofa noch erkennen konnte. Denn es lag ziemlich verborgen unter all den Unterlagen für die Uni, die Ämter, über seine Fächer, Studenten und Vorlesungen und dem einen freien Platz auf dem entweder die Katzen oder er selbst saß.
"Sag mir bitte nicht, dass du es dir nochmal überlegt hast! Ich war schon so erleichtert, endlich jemanden gefunden zu haben! Wir haben die Stunde vom Kurs schon ein oder zweimal aufschieben müssen, weil meine Models mir kurz davor doch noch abgesagt haben!"
Ihn packte eine leichte Panik und wie gewohnt, plapperte er darauf los, ohne auch nur auf eine Antwort seiten Ezios zu warten. Er wollte gerade weiter erzählen, anscheinend über die anderen, die abgesagt hatten, die schlechten Ausreden, die er sich schon anhören musste, als er von Ezio unterbrochen wurde.