MIt hochgezogenen Augenbrauen betrachtete er den Radiergummirest, der auf seinem Tisch lag. Wow, das war ja fast schon beeindruckend.
Sein Papierkügelchenvorrat neigte sich dem Ende zu, also riss er eine weitere Seite aus dem Buch, als ihn etwas hart am Kopf traf.
Er riss den Kopf hoch und starrte Desmond an, der still jubelte. Seine Augen verengten sich und er zerriss die Seite, die er in den Händen hielt in viele kleine Stücke. Keiner, keiner, hatte es bisher gewagt ihn auch nur anzufassen und dann kam dieser kleine Fünftklässler auf die Idee Radirgummifussel auf ihn zu werfen. Mutig und töricht von ihm. Er nahm sich eine weitere Seite und faltete einen Papierflieger.
Er würde entweder Shaun oder Desmond treffen, aber dies störte ihn herzlich wenig.

Shaun ignorierte die verzweifelten Versuche der Schüler, die Nachsitzstunde etwas.. belustigender zu gestalten, da Jungen wie Alex oder Daniel sowieso nicht auf ihn hören würden. Aber das ging zu weit.
Als Shaun einen Papierflieger an den Kopf bekam, der dann auf die Tastaur seines Laptop fiel, blickte er langsam und deutlich genervt auf.
Desmond stieß in aller Panik sein Katapult um und lag sein Mäppchen auf die Überreste und gab wenigstens vor, an seinem Aufsatz weiter zu schreiben.
"...Du weißt genau, dass ich dich dafür auch gleich noch die nächste Stunde nachsitzen lassen könnte, Herr Mercer." Er betonte Alex Namen mit besonderer Strenge.
"Ich hab allerdings keine Lust, heute noch mehr Zeit hier zu vergeuden und lass es deswegen bleiben, vor allem aber, weil du niemandem damit geschadet hast. "
Shaun blickte auf den Flieger auf seinem Laptop und zog eine Augenbraue hoch. Er faltete sie sorgfältig aus einem Mathebuch gerissene Seite auseinander und blickte wieder zu Alex. Dann ging er zu seinem Platz, zog ihm das Buch weg und schlug eine seite weiter hinten im Buch auf.
"Stattdessen lass ich mir lieber zeigen, ob du es dir leisten kannst, deine Sachen so zuzurichten. An die Tafel. Ich diktiere dir eine Aufgabe zu Proportionalen und Anti proportionalen Funktionen, wie wärs? Oder willst du dir deine Noten einfach so versauen lassen? Ich kann mit deinem Mathelehrer sprechen, er wird sicher nicht davon begeistert sein, und wir könnten uns einigen, für dich deine mündliche Note so in die Gesamtnote einfließen zu lassen wie in der Oberstufe. Ezio, erklär ihm doch bitte, wie die Note ab der 11. einfließt."
Ezio, der ganz offensichtlich nicht darauf vorbereitet war, irgendetwas zu dieser Diskussion beizutragen, schien sichtlich überrascht und brauchte erst einige Momente, bevor er anfing, zu sprechen. "eeh... 2 drittel oder so?"
Shaun nickte nur kurz.
"2 Drittel. Wenn nicht, dann sogar noch mehr. Also, Mercer. An die Tafel. "

Alex blickte Shaun finster an. Wieso musste er ihm denn jetzt beweisen, wie gut er in Mathe war, er konnte vermutlich die Hausaufgaben von diesem Ezio machen. Allerdings gefiel es ihm garnicht, wie Shaun seine Mathenote bedrohte. Seine Müdlichen Noten und seine Verhaltensnote waren das einzige, das wirklich mies auf seinen Zeugnissen war. Wiederwillig stand er auf, kickte dabei den Stuhl um und stieß die Tische weg, die ihm auf dem Weg zur Tafel nicht passten. Und das waren so ziemlich alle.
Wieso durfte er nicht einfach sein verdammtes Abitur schreiben und von hier abhauen?
Alex griff sich eines der Kreidestücke und sah zu Shaun hinüber, als wolle er ihn gleich umbringen. "Die Aufgabe Herr Hastings?", knurrte er.

Shaun sah Alex finster an, als dieser so unumsichtlich mit der Schuleinrichtung umsprang und presste seine Lippen zusammen, um sich ein bissiges Kommentar zu verkneifen.
Nachdem Alex an der Tafel stand las er ihm eine Aufgabe von der letzten Übungsseite im Buch vor.
Shaun zog eine Augenbraue hoch und staunte nicht schlecht, als Alex nach kurzem Überblicken der Aufgabe, die er sich abgeschrieben hatte, das ganze löste. Und das nicht gerade langsam. Kein Wunder, dass er in Mathe eine glatte 1 hatte!
Zähneknirschend legte Shaun das Buch auf seinen Tisch.
"Sehr schön. Dann kannst du dich ja wieder setzen. Das Buch bleibt aber bei mir. Damit du nicht noch mehr Papierflieger daraus bastelst und meine Schüler damit bombadierst..."
Damit wand er sich dem Jungen aus der ersten Reihe zu.
"Und nun zu dir. Glaubst du wirklich, ich bin dumm genug, das alles nicht zu bemerken? Nur weil ich eine Brille trage, heißt das nicht, dass ich blind bin."
Er sah zu, wie Desmond angsterfüllt zu ihm aufsah und bei jedem Wort kleiner wurde. Das schien ihm schon zu reichen, zu sehen, dass wenigstens noch einer hier Respekt vor ihm hatte.
Er zog eine Augenbraue hoch und lies es bei der kleinen Moralpredigt, setzte sich wieder an sein Pult und widmete sich wieder seinem Laptop, in der Hoffnung, dass er endlich seine Ruhe haben könnte.

Schulterzuckend verzog er sich wieder in seine Ecke des Raumes. Solche Popelaufgaben löste er doch mit links, das war keine Herausforderung gewesen. Schadenfroh sah er, wie Desmond unter Shauns Moralpredigt schrumpfte und vermutlich keine weiteren Versuche eines Angriffs unternehmen würde. Noch hatte er ein paar Papierkugeln, welche er zu Desmond schießen konnte. Jedoch musste er feststellen, dass Shaun seinen Strohhlam mitgenommen hatte. Er zog seine Tasche auf den Tisch und suchte dadrin nach einem Gummi. Er war sich sicher, dass er irgendwo noch eins hatte und wurde nach längerem Suchen auch fündig.
Triumphierend warf er seine Tasche auf den Boden und witmete sich wieder damit, die kleinen Papierkügelchen auf Desmond zu schnipsen.

Desmond saß zerknirscht an seinem Platz und versuchte, sich wieder auf seinen blöden Aufsatz zu konzentrieren, doch sein knurrender Magen hielt ihn gehörig davon ab.
Er zuckte bei dem einzelnen Papierkügelchen, dass ihm am Kopf oder Rück traf, leicht zusammen, Bis endlich, endlich die Glocke zum Ende der Mittagspause läutete, das hieß, dass das Nachsitzen endlich ein Ende hatte.
Die beiden siebtklässler verließen zu schnell sie konnten, den Saal, der eine, mit dem Desmond sich die ganze Zeit bekriegt hatte (Sein Nachname war Mercer, wenn Desmond sich richtig erinnerte), lies sogar sein Buch da, als er sichtlich angenervt schlurfend den Raum verlies und sich seine Kapuze über den Kopf zog.
Ezio hingegen stand vor dem Lehrerpult, wippte auf den Fußballen vor und zurück, bis er endlich sein Handy wiederbekam, während Desmond, zerknirscht und gedemütigt seine Sachen in seinen Ranzen packte. Gerade, als Desmond gehen wollte, hielt Shaun ihn auf.
"Willst du deinen Müll nicht beseitigen?"
Verwirrt sah Desmond zu ihm hoch und dann zurück zu seinem Platz, der über und über mit Papierkügelchen und Radiererfusseln übersät war. sowohl auf als auch unter dem Tisch. Weinerlich und frustriert stöhnte Desmond auf. Und wollte sich gerade daran machen, alles per Hand auszusammeln, als Ezio neben ihm auf die Knie ging, mit Kehrblech und Handfeger in der Hand und seinem kleinen Cousin half, den ganzen Saustall zu entfernen.
"Hey, ich hab Federico beauftragt, mich abzuholen. Sollen wir dich daheim absetzen?"
Desmond sah dankbar zu Ezio auf und lies wieder sein Lückenhaftes Grinsen sehen.
Er nickte eifrig und nahm Ezio das Kehrblech ab und warf den Müll darauf in den dafür vorgesehenen Eimer.
Wenigstens etwas war noch gut an diesem Tag. Daheim würde er sich bestimmt anhören müssen, wo er denn wieder gewesen sei, aber keine würde ihm zuhören und er würde Hausarrest bekommen. Aber zumindest musste er nun nicht nach Hause laufen! (normalerweise würde die nette alte Frau von gegenüber ihn abholen, als er ihr aber gesagt hatte, dass er länger Schule hatte, hatte sie erwiedert, dass sie Dienstag Nachmittags keine Zeit hatte, weil sie da zum Tanzen oder so ging...)